Willkommen, Gast
Benutzername: Passwort: Angemeldet bleiben:

THEMA: Improvisieren lernen

Improvisieren lernen 07 Jan 2013 20:20 #111156

  • Steviesax
  • Steviesaxs Avatar
  • Offline
  • Alto
  • Beiträge: 117
  • Dank erhalten: 16
Jetzt gebe ich auch noch meinen Senf dazu:

Das grösste Hindernis beim Improvisieren ist für die meisten wohl die Angst vor Fehlern und der Umstand, dass man eine musikalische Idee nicht sofort auf dem Instrument umsetzen kann. So ist es zum Beispiel viel einfacher eine improvisierte Melodie zu singen, statt sie auf dem Sax zu spielen. Denn als Amateur ist man auf dem Sax in der Regel nicht so zuhause, dass man sofort von jedem innerlich vorgestellten Ton wirklich weiss, wo sich der auf dem Sax gerade befindet :blink:

Trotzdem kann man auch als Amateur und "sogar" als Anfänger an das Thema ran und sollte das auch tun.

Wichtig ist, sich zwei Dinge bewusst zu machen. Erstens: Die Harmonien des Stücks geben den Grad der Komplexität des Materials vor. Zweitens: Ich kann aber zu einem großen Teil selbst bestimmen wie Komplex meine konkrete Improvisation werden soll. (Anders als in der Klassik - das Saxophonkonzert von Glazunov ist halt so komplex und schwierig wie es ist. Entweder ich kann das spielen oder nicht, fertig).

Improvisieren kann ich aber im Prinzip auch mit nur einem Ton - z.B. mit entsprechender Rhythmik und Phrasierung. Damit bekomme ich jetzt nicht mehrere Chorusse interessant gestaltet, aber für ein paar Takte kann es reichen (habe schon beeindruckende Beispiele gehört).

Was soll das sagen für das Erlernen der Improvisierens: Einsteigen mit harmonisch einfachen Sachen (praktisch die gesamte Popmusik, weite Bereiche des Funk und des Blues). Da kommt man in der Regel mit einer Scale hin. Dazu braucht man dann auch nicht viel Theorie.

Wenn man sich da irgendwann sicher fühlt, hat man höchstwahrscheinlich genug Zutrauen zu sich selbst, auch mal was harmonisch Komplexeres zu versuchen. Dann führt aber - wie von Saxhornet ganz richtig geschrieben - kein Weg mehr daran vorbei, sich mit der harmonischen Stuktur des Stückes auseinanderzusetzen. Sonst wird das nix. Und hier ist dann die entscheidende Frage wieviel Zeit kann/will ich investieren, um diese "Arbeit ohne Sax" zu leisten. Es kommt dabei gar nicht so sehr darauf an, wie gut man technisch auf dem Sax ist, sondern dass man weiss, was man wann tut. Auch hier habe ich aber wieder die Möglichkeit, meine Improvisation komplex oder einfach (meinen technischen Fähigkeiten auf dem Sax entsprechend)anzulegen. Ich muss aber wissen, ob ich an der nächsten Kreuzung (Harmoniewechsel) links oder rechts abbiegen muss. Wenn die Harmoniewechsel in kurzer Folge kommen (in manchen Jazznummern gerne auch mal zwei Harmoniewechsel pro Takt in schnellem Tempo) verliert man schnell mal die Übersicht.

Also meine Meinung: impovisieren kann im Prinzip jeder und auch auf jedem spielerischen Level (aber vielleicht nicht in jeder Stilistik). Ob die Improvisation in jedem Fall "künstlerisch überzeugt" ist eine weitere und ganz andere Frage, die hier auch nicht zu Debatte steht - denn es geht vor allem um die Frage, wie man improvisieren lernen kann.

Wie "gut" eine Improvisation wird, ist zudem zu einem Teil Geschmackssache und zum anderen Teil direkte Folge der Kreativität des improvisierenden Musikers.

Aber lernen kann es im Prinzip jeder. Und wie bei jedem Lernen: einfach anfangen und sich dann steigern.

Ein guter Einstieg ist ein (einfacher) Pop-Song mit einer eingängigen Melodie. Man lernt die Melodie auswendig, macht sich klar auf welcher "Scale" sie basiert - und los gehts ...

Ich wünsche allen viel Spass dabei und nicht bange machen lassen ...

Steviesax
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Billy, thommy

Improvisieren lernen 07 Jan 2013 21:08 #111157

  • saxlover
  • saxlovers Avatar
  • Offline
  • Bariton
  • immer am tuten
  • Beiträge: 1639
  • Dank erhalten: 32
@steviesax

Ja, das gefällt mir sehr gut. 100% Zustimmung.

Ich glaube auch, dass man nicht unbedingt theoretische Kenntnisse in grossem Umfang benötigt (hier sind doch auch keine Spieler, die Saxkarriere machen wollen, gelle ;-)).

Wichtig ist sicherlich, die Musik zu hören, die man dann improvisatorisch begleiten oder ähnlich spielen will. Das macht man dann ja sowieso. Und wenn die Technik den Vorstellungen hinterherhinkt - na super: dann weiss man ja, woran man arbeiten muss.

Mit der Theorie ist das so eine Sache (ich verkaufe seit Jahrzehnten komplizierte theoretische Zusammenhänge) - meistens versteht man sie erst, wenn man es kann. Ich habe es selten erlebt, dass das Vermitteln von Theorie ohne praktische Flankierung hilfreich ist.

...Konfuzius dagt:

Erzähle es mir und ich vergesse,
zeige es mir und ich erinnere,
lasse es mich tun und ich verstehe.


Einfach machen ;-)
LG HaJo

"Ist das Kunst, oder kann das weg?"
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.

Improvisieren lernen 07 Jan 2013 22:48 #111158

  • bluemike
  • bluemikes Avatar
  • Offline
  • Bariton
  • Beiträge: 1503
  • Dank erhalten: 29
Hi,

@saxhornet: So klar und vor allem detailliert auf den jeweiligen Typus eingehend habe ich das noch nicht so oft gehört. Liegt wohl daran, dass ich immer eher Ausführender und weit weniger Lehrer war.
Ich glaube, das beseitigt viele Missverständnisse und lässt trotzdem einen weiten Blickwinkel zu. Chapeau!
next time you see me...
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.

Improvisieren lernen 08 Jan 2013 10:53 #111165

  • saxhornet
  • saxhornets Avatar
  • Offline
  • Alto
  • Beiträge: 159
  • Dank erhalten: 58
saxlover schrieb:
@steviesax
Ich glaube auch, dass man nicht unbedingt theoretische Kenntnisse in grossem Umfang benötigt (hier sind doch auch keine Spieler, die Saxkarriere machen wollen, gelle ;-)).

Das ist es nur leider nicht was steviesax gesagt hat. Er empfahl lediglich genau wie ich, es am Anfang langsam angehen zu lassen und erst nach und nach den Schwierigkeitsgrad zu steigern, angepasst an den Schüler oder Lernenden. Und das ist auch auf die Theorie bezogen. Um mit Improvisation anzufangen braucht man keine theoretischen Kenntnisse, wer aber über All the things you are spielen will oder über Girl from Ipanema braucht dieses Wissen um die Zusammenhänge der Akkorde zu verstehen und Melodien zu spielen, die nicht nur modal sind oder sich nur von Akkord zu Akkord hangeln.
Und hier sind durchaus auch ambitionierte Spieler im Forum und sogar welche, die z.B. ein Musikstudium schon hinter sich haben.



Mit der Theorie ist das so eine Sache (ich verkaufe seit Jahrzehnten komplizierte theoretische Zusammenhänge) - meistens versteht man sie erst, wenn man es kann. Ich habe es selten erlebt, dass das Vermitteln von Theorie ohne praktische Flankierung hilfreich ist.

Klar sollte Theorie an praktische Inhalte gebunden werden, z.B. an einen bestimmten Song, den man als Beispiel mit dem Schüler dann durcharbeitet, sowohl theoretisch als auch um ihn dann spielen zu können und darüber zu improvisieren. Wie meist bei allem Theoretischem macht es keinen Sinn erstmal alles auf einmal zu lernen. Der Trick ist wieder nur kleine Portionen sich einzuverleiben und diese dann praktisch zu üben. Und meist ist es in der Musik häufig auch gerne andersrum, viele können z.B. viel schneller das Thema Tritonussubstitute verstehen als daß sie es spielerisch sinnvoll benutzen können.

Lg Saxhornet
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Billy

Reeds-Shop

Improvisieren lernen 08 Jan 2013 11:32 #111168

  • saxophonotto
  • saxophonottos Avatar
  • Offline
  • Bariton
  • Beiträge: 1343
  • Dank erhalten: 499
Hallo Ihr Improvisateure!
Diese theoretische Abhandlung des Themas bringt meiner Meinung nach überhaupt keine Hilfe.
Ohne Musik geht schon mal gar nichts.
Man muss die Musik hören und darin die Harmonien erkennen.
Ich wiederhole mich: "erstmal eine Impro von einem bekannten Künstler nachspielen, damit man ein Gefühl davon bekommt, was Improvisieren eigentlich ist".
Die meisten Musiker "variieren" die Melodie, d.h. sie ist fast immer zu erkennen.
Die hohe Kunst der Improvisation ist praktisch eine neue Komposition auf die vorgegebenen Harmonien.
Wer kann das schon?
Einen weiss ich: Ernest Kopp!

Im stillen Kämmerlein wirds sowieso nichts, auf die Bühne mit Euch.
Beste Grüsse
saludos de la isla

Dieses Bild ist für Gäste verborgen.
Bitte anmelden oder registrieren um das Bild zu sehen.

Dieser Beitrag enthält einen Bildanhang.
Bitte anmelden (oder registrieren) um ihn zu sehen.

Letzte Änderung: 08 Jan 2013 11:46 von saxophonotto.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.

Improvisieren lernen 08 Jan 2013 12:39 #111169

  • saxhornet
  • saxhornets Avatar
  • Offline
  • Alto
  • Beiträge: 159
  • Dank erhalten: 58
saxophonotto schrieb:
Hallo Ihr Improvisateure!
Diese theoretische Abhandlung des Themas bringt meiner Meinung nach überhaupt keine Hilfe.
Aha, sehr hilfreich, das macht es jetzt allen viel klarer!
Ohne Musik geht schon mal gar nichts.
Hier solltest Du vielleicht genauer ausführen was Du sagen willst.
Man muss die Musik hören und darin die Harmonien erkennen.
Auch das muss man erstmal können und lernen. Da hat der Anfänger keine Chance. Aber auch dies lässt sich nach und nach lernen.
Ich wiederhole mich: "erstmal eine Impro von einem bekannten Künstler nachspielen, damit man ein Gefühl davon bekommt, was Improvisieren eigentlich ist".
Wiederholungen machen es nicht richtiger. Das Transkripieren von Soli ist eine gute und wichtige Sache aus der man, wenn man es richtig macht, eine Menge lernen kann. Allerdings überfordert dies meist erst recht die meisten Anfänger in punkto Improvisation total. Ich halte das als Tip für einen Anfänger für kontraproduktiv und didaktisch nicht sinnvoll. Wenn Jemand aber bereits eine Weile spielt, erste Improvisationserfahrungen hat und in der Lage ist ein einfaches Solo rauszuhören ist das durchaus wichtig. Allerdings ist es nur mit dem raushören und nachspielen nicht getan, denn dann ist der Lerneffekt eher gering. Auch hier wird es erst mit der Analyse spannend was jemand spielt, wenn man anfängt es zu verstehen.
Die meisten Musiker "variieren" die Melodie, d.h. sie ist fast immer zu erkennen.
Richtig, wenn gemeint ist daß sie selten ein Thema so spielen wie es in einem Buch notiert wurde. Falsche wenn es um ein Solo geht.
Die hohe Kunst der Improvisation ist praktisch eine neue Komposition auf die vorgegebenen Harmonien.
Stimmt!
Wer kann das schon?
Jeder mit ausreichend Übung und der richtigen Methodik und Didaktik.
Im stillen Kämmerlein wirds sowieso nichts, auf die Bühne mit Euch.
?????????????????????


Lg Saxhornet
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Billy

Improvisieren lernen 08 Jan 2013 13:12 #111170

  • ehopper1
  • ehopper1s Avatar
  • Offline
  • C-Melody
  • Beiträge: 299
  • Dank erhalten: 16
Ich kann Bluemike nur beipflichten. Saxhornet bringt es optimal und präzise auf den Punkt.

Ich bin auch sehr froh, dass ich Noten und Akkorde lesen kann.
Das erleichtert das Zusammenspiel mit anderen Kollegen enorm.
Z.B. wäre es in der Bigband komisch wenn jeder spielen würde was er will.

Im übrigen erleichtern mir meine Kenntnisse auch das Heraushören von Melodien, Akkorden, Soli usw. Es geht einfach schneller, leichter wenn man auch theoretische Kenntnisse hat.

Lg
Mike
Mehr von mir kommt heraus, wenn ich improvisiere. -- Edward Hopper
Jazz is not dead, it just smells funny! -- Frank Zappa
To pass through life and miss this music is to miss out on one of the best things about living. -- Art Blakey zum Jazz
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.

Improvisieren lernen 08 Jan 2013 16:42 #111174

  • jes
  • jess Avatar
  • Offline
  • C-Melody
  • Beiträge: 407
  • Dank erhalten: 23
@saxhornet

Für jedes Deiner Beispiele ließen sich beliebig Gegenbeispiele finden:
Kannst Du kochen, wenn Du ein Kochbuch auswendig lernst??
Kannst Du improvisieren, wenn Du die Musiktheorien auswendig kannst?
Kannst Du Auto fahren, wenn Du alle Verkehrsregeln beherrscht und die Bedienungsanleitung Deines Autos kennst?
Wieso gibt es dann immer wieder Autofahrer, die nie einen Führerschein gemacht haben, trotzdem unfallfrei jahrzehntelang am Verkehr teilnehmen?

Ich sage - nein.

Und hier möchte ich daher zurück auf die Eingangsfrage, zumindest wie ich sie verstehe:
Q: Wenn ich keine Ahnung habe, wie fange ich an Improvisation zu lernen?
A: Durch Zuhören, Ausprobieren, die Versuche aufnehmen und hinterher zu analysieren.

Den ganzen Theoriekram brauchst Du vielleicht, wenn Du erst einmal den ersten Schritt getan hast. Am Anfang sicher nicht.

Der Hemmschuh bei der Improvisation ist ja gerade sich von Regeln zu lösen, heißt, eben nicht nach Noten zu spielen und Regeln beachten zu müssen.
Deinen Regeln zu folgen heißt für mich sich in gesteckten Grenzen bewegen. Grenzen begrenzen. Begrenzungen verunsichern, außer man kann sie gefahrlos überschreiten. Dann sind es keine Grenzen mehr. Die Großen des Jazz haben bewußt Grenzen überschritten und Konventionen verletzt. Woher kommen sonst die viele Stile?
Ich will damit nicht sagen, dass man nicht reflektieren sollte, warum eine gespielte Improvisation vielleicht gut oder schlecht klingt. Nicht falsch verstehen. Nur Musiklehrer tendieren meiner Beobachtung nach dazu die Theorie in den Mittelpunkt zu stellen und wissenschaftlich Improvisationen nach diesen Theorien aufzubauen. Als Einstieg viel zu kompliziert und abschreckend.

Viel wichtiger als Regeln finde ich, daß die Technik gut genug ist seine Ideen auch umsetzen zu können. Was nützen einem die schönsten ausgedachten 1/16-Variationen, wenn die Finger nur 1/4-Noten schaffen.

Und was das spielen von Phrasen und Licks angeht: wo ist die Improvisation, wenn ich genau das tue, was Tausende andere in der gleichen Weise vor mir auch getan haben? Da wird die Improvisation schnell zum freien Solo und außerdem langweilig.

P.S.: noch was. wir haben heute Bücher über die ganzen Musiktheorien. Was haben nur die großen Jazzer gemacht? Die hatten solche Bücher nicht, weil eben alles neu war?
"Das größte Verbrechen eines Musikers ist es, Noten zu spielen, statt Musik zu machen." Zitat: Isaac Stern (*1920)
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.

Improvisieren lernen 08 Jan 2013 19:15 #111185

  • Steviesax
  • Steviesaxs Avatar
  • Offline
  • Alto
  • Beiträge: 117
  • Dank erhalten: 16
Zu guter letzt ist es ja egal, wie man es lernt - wenn es nur funktioniert ... und jeder lernt anders ...

Allerdings Aussagen in der Art wie: "Nimm Dir das Sax und mach´ einfach mal, fühl´die Musik und lass´laufen." sind für die meisten Anfänger nicht hilfreich. Insbesondere wenn solche Äußerungen von Musikern kommen, die schon ziemlich gut sind. Das wirkt doch nicht unterstützend, sondern eher abschreckend.

Da ist es doch viel hilfreicher zu sagen: pass mal auf - das Stück steht zwar in D-Dur; bei D7 kannst Du aber anstelle des Cis ein C spielen. Große Überraschung! Oder mal erklären, wie sich eine pentatonische Tonleiter aufbaut.

Das ist simple Theorie für eine simple Improviation. Meiner Meinung nach genau das Richtige für einen Anfänger. Denn das nimmt die Angst, weil man erstens versteht, was man tut und zweitens schon mal ein paar Anhaltspunkte für Töne hat, die nicht allzu gruselig klingen. Dass die Improvisation dann vielleicht doch grottig und langweilig ist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Aber man hat zumindest ein bisschen Material an der Hand, mit dem man was - für die ersten Schritte - anfangen kann.

Wenn die Ansprüche steigen und man sogar innovativ werden möchte, muss man in der Tat in der Lage sein, die Theorie bei Seite zu lassen, um Grenzen zu überschreiten und wirklch etwas Neues zu schaffen. (Selbst da wäre es meiner Meinung nach hilfreich zu wissen, wo die Grenzen eigentlich sind - egal.)
Aber das ist im Zusammenhang dieses Threads doch völlig irrelevant, wenn ein Anfänger überhaupt erst mal einen Zugang zur Improvisation finden möchte.

Und anzuhören, was die Großmeister des Saxens so tun, ist natürlich auch wichtig und richtig (und vor allem schön) - aber für einen Anfänger und Amateur, der auch den Amateurstatus gar nicht verlassen will, doch total verwirrend und keinesfalls als (Lern-)Vorbild geeignet.

Und für die meisten hier im Forum geht es doch nicht darum, den Jazz zu erneuern oder die Jazzgemeinde zu beindrucken, sondern über ein paar Akkorde etwas spielen zu können, dass die Katze des Nachbarn nicht sofort umbringt. Und da ist ein bisschen "Theorie" oder - vielleicht besser gesagt - schlicht Erläuterung einiger Zusammenhänge wie oben beschriebenen sinnvoll.

Ich war mal auf einem workshop, da wusste ein Teilnehmer jede passende Scale zu jedem noch so abstrusen Akkord. Eigentlich beeindruckend. Aber er konnte damit auf dem Sax überhaupt nichts anfangen. Das ist ein gutes Beispiel für falsch verstandenen Umgang mit Theorie. In der Zeit, die er aufgewendet hat, um all das hochkomplexe Zeug zu lernen, das er spielerisch (höchstwahrscheinlich) nie wird umsetzen können, hätte er besser Saxophonspielen geübt.

Um ein Beispiel von jes aufzugreifen: natürlich kann man nicht kochen, wenn man ein Kochbuch auswendig lernt. Aber man weiss immerhin, dass man für einen Pfannkuchen Eier, Mehl, Wasser und Salz braucht. Ist doch besser als jemanden in die Küche zu stellen und zu sagen: "He, koch´uns mal was Feines!"

Höchstwahrscheinlich liegen wir aber alle miteinander gar nicht so weit auseinander. Wer einsteigt in eine Thematik braucht wohlmeinende Anleitung und Aufgaben, die ihn zwar fordern, die er aber meistern kann. Bestimmt findet man auch von alleine heraus, in einem Stück, das eigentlich in D-Dur steht, mal ein C zu spielen. Aber es ist doch leichter, wenn man es erklärt bekommt, dass und warum das so ist. Mit fortschreitenden Fähigkeiten steigen die Anforderungen - und dann kann man sich auch mal ans raushören machen usw.

So - jetzt aber ran ans Sax und geübt!

Grüße

Steviesax
Letzte Änderung: 08 Jan 2013 19:16 von Steviesax.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Billy, Charly7

Improvisieren lernen 09 Jan 2013 09:53 #111208

  • saxhornet
  • saxhornets Avatar
  • Offline
  • Alto
  • Beiträge: 159
  • Dank erhalten: 58
jes schrieb:

Den ganzen Theoriekram brauchst Du vielleicht, wenn Du erst einmal den ersten Schritt getan hast. Am Anfang sicher nicht.

Was anderes habe ich nicht behauptet! Ganz am Anfang wenn es eh modal oder sogar komplett frei ist, ist theoretisches Wissen nicht notwendig. Ohne Theorie werden allerdings die nächsten Schritte fast unmöglich, da Musik wie der Jazz doch sehr komplex ist und ein Verständnis was da von den Akkorden passiert notwendig ist. Und dieses Wissen sollte man langsam nach und nach erweitern. Ich habe allerdings nirgends gesagt, Du musst erstmal alle Theorie auswendig können bevor man den ersten Ton spielen kann, das hast Du in meinen Text reininterpretiert.
Der Hemmschuh bei der Improvisation ist ja gerade sich von Regeln zu lösen, heißt, eben nicht nach Noten zu spielen und Regeln beachten zu müssen.
Das stimmt so nicht. Du musst Regeln kennen um sie bewusst brechen zu können. Und häufig werden dann aus anderen Bereiche Regeln auf wieder andere übertragen. Und auch das was Coltrane oder Parker gemacht haben folgt Regeln. Der Trick ist Theorie nicht als Hemmschuh zu sehen sondern nur als Hilfe um zu verstehen was passiert und dann damit arbeiten und spielen zu können. Und die Regeln kennen oder Akkordfolgen zu verstehen hindert Dich ja nicht daran selbst auszuwählen welche Töne Du wählst, Du verstehst aber durch Theorie warum eine grosse 7 über einen Dominantseptakkord ausgehalten vielleicht keine gute Idee ist, aber als Durchgangsnote funktioniert.
Deinen Regeln zu folgen heißt für mich sich in gesteckten Grenzen bewegen. Grenzen begrenzen. Begrenzungen verunsichern, außer man kann sie gefahrlos überschreiten. Dann sind es keine Grenzen mehr. Die Großen des Jazz haben bewußt Grenzen überschritten und Konventionen verletzt. Woher kommen sonst die viele Stile?
Es sind nicht meine Regeln, sie wurden eher von Leuten, die lange vor uns schon Musik gemacht haben entwickelt, weiterentwickelt und benutzt. Wie ich schon sagte, Theorie setzt keine Grenzen, die setzt man selbst. Wer aber sich nicht auskennt, kann keine Grenzen überschreiten, weil er nicht mal mitbekommt ob er was neues macht oder das was allgemein üblich. Und es geht auch nicht um Grenzen sondern darum zu verstehen was passiert, das ist etwas anderes. Wer sich durch Theorie eingeengt fühlt macht etwas falsch, das Gegenteil ist der Fall. Eingeengt durch Theorie fühlen sich meist eher Leute, die die Zusammenhänge und Theorie dahinter eher noch nicht verstanden haben.
Nur Musiklehrer tendieren meiner Beobachtung nach dazu die Theorie in den Mittelpunkt zu stellen und wissenschaftlich Improvisationen nach diesen Theorien aufzubauen. Als Einstieg viel zu kompliziert und abschreckend.
Und Du kennst alle Musiklehrer? Nochmal: es geht nicht um Wissenschaft sondern eher darum zu lernen warum klingt ein Solo von xy gut und das des Lernenden nicht so gut. Wie soll er es jetzt besser werden? Welche Didaktik, Methodik schlägst Du vor? Ich benutze Theorie als Begleitung zur Praxis und kombiniere es und baue beides nach und nach auf, der Schüler ist nie an dem Punkt überfodert zu sein. Es ist nur eine Frage der Methodik und wie Du Wissen vermittelst. Nochmal: Es geht nicht darum erst ein Theoriebuch auswendig zu lernen.
Viel wichtiger als Regeln finde ich, daß die Technik gut genug ist seine Ideen auch umsetzen zu können. Was nützen einem die schönsten ausgedachten 1/16-Variationen, wenn die Finger nur 1/4-Noten schaffen.
???? Wer sagt denn Du sollst Dich mit 16tel Variationen beschäftigen wenn Du nur Viertel spielen kannst, ist doch methodisch und didaktisch unsinnig. Aber nur Technik allein lässt Dich auch nicht besser improvisieren. Miles Davis war auch kein grosser Techniker konnte aber tolle Melodie spielen.
Und was das spielen von Phrasen und Licks angeht: wo ist die Improvisation, wenn ich genau das tue, was Tausende andere in der gleichen Weise vor mir auch getan haben? Da wird die Improvisation schnell zum freien Solo und außerdem langweilig.
Aha. Musik ist eine Sprache, deren Regeln man versuchen sollte zu verstehen, wenn man sie benutzen will. Das was Du sagst wäre so, als wenn man sagen würde, wenn man eine Sprache gelernt hat, unter anderem auch durch das Wiederholen von Sätzen, kann man keine Gedichte mehr in dieser Sprache dann schreiben. Das Lernen von Licks lässt Dich die Sprache besser verstehen und erweitert deinen Wortschatz. Es sollte aber auch nie darum gehen Licks im Rahmen von einem Solo einfach zu wiederholen aber das habe ich vorher in einem Post eh schon geschrieben gehabt.
P.S.: noch was. wir haben heute Bücher über die ganzen Musiktheorien. Was haben nur die großen Jazzer gemacht? Die hatten solche Bücher nicht, weil eben alles neu war?
Vieles ist auch damals gar nicht so neu gewesen und selbst Musiker wie Miles Davis und Charlie Parker haben sich intensiv mit Klassik beschäftigt. Damals lernte man viel von Lehrern und Hausmusik war weiter verbreitet. Die Auseinandersetzung mit Musik war damals anders als heute.

Lg Saxhornet
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Billy
Moderatoren: pue
Ladezeit der Seite: 0.284 Sekunden

Neues im Forum

Mehr »

Wichtige Events

Keine Events gefunden.

Alle Events

Neues im Marktplatz

Inhalt PreisStadt Datum

Martin Committee Alt Sax 1937 ( / Saxophone)

Martin Committee Alt Sax 1937
Alt Sax MArtin Committee, generalüberholt, neu lackiert, sehr gut gemacht, die Gravur ist hervorrage[...]
1 200.00 €
Lahnau
17.03.2024
von Tom.66
86 Klick(s)

DOLNET "Bel Air" ca.1959, generalüberholt, schwarze Polster ( / Saxophone)

DOLNET "Bel Air"  ca.1959, generalüberholt, schwarze Polster
DOLNET "BEL AIR" Tenorsax, Baujahr ca. Ende 50er/Anfang 60er, generalüberholt 2022/23 bei Mike Duchs[...]
1 690.00 €
Bad Breisig
29.10.2023
von CharlieMariano
1207 Klick(s)

CANNONBALL "Mad Meg", neu überholt, 2 S-Bögen ( / Saxophone)

CANNONBALL "Mad Meg", neu überholt, 2 S-Bögen
Ich verkaufe mein wunderbares Tenorsax Cannonball "Mad Meg" aus der Big-Bell-Stone-Serie, Nr. 121xx[...]
1 790.00 €
Bad Breisig
29.10.2023
von CharlieMariano
1843 Klick(s)
Neuen Account oder einloggen.

Online sind:

Aktuell sind 247 Gäste und keine Mitglieder online

Helfe Saxwelt mit einer kleinen Spende:

Donate using PayPal
Betrag:

Danke für die Hilfe an:

SpenderWährungBetrag
Martinfür €:30.00
Bertfür €:12.34
SaxWS Huelsafür €:50.00
Ernstfür €:20.15
Späteinsteiger WSfür €:40.00
Klausfür €:25.00
Karinfür €:25.00
Matthiasfür €:10.00
Peterfür €:30.00
Martinfür €:30.00
Zum Anfang