Hallo,
eröffne dieses Thema, um Überlegungen und Erfahrungen zur Verbesserung der Tonqualität zu diskutieren, angeregt durch die Diskussion in "Ansatzfrust".
Hier meine 2 cent dazu, also zur Tonqualität.
Erst mal zu langen Tönen. Nach meinem Verständnis bringen lange Töne hauptsächlich zwei verschiedene Aspekte.
1. Die Ansatzkondition wird gestärkt. Wie schon Stromlos schrieb, bei langen Tönen geht die Tonqualität schon mal ganz banal bezüglich Tonhöhe, Stetigkeit des Tons etc u.U. ziemlich schnell bergab. (Und jeder weiss, das nach einer bestimmten Spielzeit der Ansatz irgendwann schlapp macht, bei einem sind es 5 sekunden bei einem andren vielleicht 5 Stunden usw.
Ich rede jetzt also noch gar nicht vom Klang an sich, sondern einfach der Muskelkompetenz. die durch lange Töne gestärkt wird. Was allen Tönen, auch den kurzen, zugute kommt.
2. Die Aufmerksamkeit geht AUTOMATISCH mehr auf die Tonqualität, da sonstige aufmerksamkeitsfordernde Faktoren minimiert werden.
Kleiner Exkurs, ich lasse prinzipiell meine Schüler einfache Melodien ("Oh when the Saints" etc) auswendig lernen, im Laufe der Zeit in mehren bis allen Tonarten.
Tun sie dies verbessert sich bei allen (neben dem musikalischen Verständnis durchs Transponieren) der Ton. Warum? Weil die Melodien im Laufe der Zeit so gut sitzen, daß AUTOMATISCH die Aufmerksamkeit sich dem Ton zuwendet. Ob sie wollen oder nicht.
Solange sie an den Noten bzw deren Übersetzung aufs Instrument hängen, splittet sich die Aufmerksamkeit einfach auf zu viele Faktoren. Fällt das weg, fällt ebenfalls das Nachdenken weg, wie die Melodie denn jetzt weitergeht, weil sie eben gut sitzt, richtet sich sich die Aufmerksamkeit (auch unbewußt) auf das was übrigbleibt. (Z.B. der Ton, oder der Rhythmus wird besser etc.)
Das ist quasi ein Naturgesetz.
Spiele ich also lange Töne, kümmere mich nicht mehr um Rhythmik, Melodik, Notenlesen oder was auch immer, bleibt nur noch Tonqualität.
(Übrigens habe ich mir mal von einem Schüler eines dieser Herren sagen lassen, daß es Klassik Bläser höchsten Qualifikation gibt, engagiert in Karajans (bzw Nachfolger) Band in der Berliner Philharmonie, die lange Töne beim Fernsehen oder Zeitungslesen praktizieren. Hat mich gewundert, aber mindestens für Punkt 1 müsste das funktionieren, für Punkt zwei anscheinend auch.)
Mein Fazit, die konsequente Schulung durch lange Töne (laut leise etc, verschiedene Klangfarben suchen etc) dürfte für Tonqualität die effektivste Lösung sein. (Und gerade da natürlich Metronom weglassen! sonst konterkariert man die totale Ausrichtung auf Klang und splittet wieder Aufmerksamkeit.)
Eine Klangschulung erzielt man aber auch schon durch längere Töne in z.B. Balladen, oder indem man ein Stück ganz langsam spielt. Auch hier geht automtisch durch die längeren Töne zumindest auch auf Klang, und die sonstigen Aufmerksamkeitsfresser werden ja durch langsames Spiel auch weniger. Es dürfte aber weniger effektiv als die "pure" Methode der langen Töne sein.
Und jemand der viel spielt, kann seinen Ton auch einfach dadurch optimieren, auch wenn er das durch systematische lange töne sicherlich schneller hinkriegt. Wenn er aber sowieso 5 Stunden am Tag spielt, weil es ihm Spaß macht, kann er sich lange Töne ev schenken.
Lange Töne pur kann man ja auch durch Mundstückübungen machen, z.b. auf den Ton, auf den das Mundstück gestimmt ist, Z. B das A beim Alto.
(Dies ist die einzige Methode, mit der ich, wenn überhaupt, lange Töne systematisch übe.)
Was mir persönlich am meisten für Tonqualität bringt, sind einerseits Obertonübungen. Da erzeuge ich ja ganz bewußt bestimmte Klanganteile, und kann das auch später einsetzen, wenn ich keine Obertöne spiele.
Andrerseits mit Micro und Kopfhörer spielen (zur Not tuts erstmal gegen eine Wand spielen) weil ich dadurch eine Objektivierung des Klangs kriege, z.B. eher den Klang höre, den auch die Zuhörer mitkriegen. Es ist für mich eigentlich die beste Übung überhaupt. (Habe ich von Sängern gelernt.)
Soweit erstmal, schönen Abend
Werner