Hallo pue,
die Idee finde ich klasse!
Doch Anfänger sind dümmer. Ich weiß nicht, ob deine Auflistung mir seinerzeit weitergeholfen hätte. Als Überblick ja, aber am "lebenden Objekt", sprich -- dem gebrauchten Sax in der Hand, doch wieder nicht. Vielleicht ist deine Liste eine Checkliste für den erfahrenen Saxspieler, der dem Laien zur Seite steht?
Ich schreibe einfach mal, wie es mir ergangen ist, seinerzeit -- sozusagen aus "Nullahnung-Sicht."
Als mein Sohn ins musikschulreife Alter kam, habe ich ihn für Schlagzeug angemeldet und dachte bei mir: why not, Saxophonspielen ist ein lang gehegter Traum von mir! Der erste Schritt war also getan, weil aber zwei Jahre Wartezeit anstanden, dachte ich mir, die nutze ich zum Instrumentkauf. Zweihundert Euro hatte ich gespart, also ab gegenüber in den Laden, nach Gödde, dort nachgeguckt: 1500 Euro aufwärts. Na Klasse, aber in zwei Jahren hat man einiges zusammengespart, denke ich. Zuhause schnell gegoogelt und siehe da: bei Thomann gibt es Saxe bereits ab 300 Euro. Gut. Zum ersten Mal stellt sich mir die Frage, was will ich überhaupt: Alt oder Tenor? Ich überlege, ein Saxophonforum zu suchen und zu fragen, was die anderen spielen. Ist aber auch doof. Rein äußerlich oder klanglich sind die ja ähnlich. Mir gefallen die sexy Saxe gut, die in verr(a)uchten Bars spielen. Ich gucke bei youtube, was ich an Musik finde. Bald darauf steht meine Entscheidung: es soll ein Tenor sein!
Zwei Wochen später bin ich mit meiner Mutter in der Stadt und sehe zufällig in einem Secondhandladen im Schaufenster ein Sax. Zweihundert Euro, ich raste fast aus, gehe in den Laden, frage den Verkäufer, ob ich mir das ansehen darf. Klar, ich darf. Er schraubt es zusammen und hängt es mir um. Ich solle mal kräftig hineinblasen. Was, ich? Hier mitten im Laden? Okay, ich geb mein bestes und es tutet. Schön. Der Rest ist Übungssache, denke ich. Ich frage, wofür die Handschuhe gut sind, immerhin ist es ein Musikinstrument und kein Zauberkasten! Der Verkäufer wird gesprächig, er erzählt, das Sax habe einem bekannten Musiker gehört, der darauf zwei Jahre lang am Stück geübt habe. Zwei Jahre? Und schon bekannt, uiuiui, ich glaube, mit Ehrgeiz schafft man Einiges! Ob es ein Alt oder Tenor ist, will ich wissen. Tenor, sagt er, und mein Herz macht einen Freudensprung. Doch sofort kommt mir ein schlimmer Gedanke: was, wenn das Sax irgendwo kaputt ist und ich das erst zuhause merke?
Ich sage, ich werde morgen wiederkommen und mich entscheiden. "Entscheiden Sie sich schnell ruft er zum Abschied, so ein Schnäppchen ist schnell weg." Tenorsax ... Ich bin nervös, gehe nach ebay und bin völlig erleichtert: es gibt dort Tenorsaxe bereits ab 190 Euro. Neu! Mit Handschuhen! Jetzt ist es an der Zeit, sich in einem Forum zu registrieren und Meinungen einzuholen, überlege ich. Schnell muss es gehen, die Auktion läuft in zwei Tagen aus.
Kurz vor Auktionsende bin ich schlauer und lass die Finger von dem Sax. Die Leute im Forum haben von dem Sax abgeraten. Sie sind absolute Markenfetischisten, wie mir scheint. Bereits nach dem zehnten Post haben sie sich in die Wolle gekriegt. Ich habe mich ausgeklinkt, bin jetzt auf Yamaha, Yanagisawa und Keilwerth eingenordet, Kostenpunkt zwischen 500 und 1000 Euro. Bei einem Gebrauchtkauf noch günstiger, aber da soll ich jemanden mitnehmen, der es anspielt. Hm, ich kenne keinen und die Leute im Forum sind mir alle fremd. Ich war noch nie so hilflos: Zustand der Polster, Ansprache, Mundstück-Blatt-Kombination, das alles sind Dinge, auf die ich achten soll. Jemand meinte, ich könne doch auch in der Musikschule so ein Ding leihen, aber das finde ich altbacken. Ich will schon ein eigenes Sax!
Genau ein Jahr später habe ich einen Platz in der Musikschule. Juchu! Saxophon-Unterricht! Aber noch immer kein Sax (sic!) in Sicht. Ich poste meinen Frust im Forum, nein, nicht im Saxophonforum, bei meinen Schreibkollegen. Es vergehen keine zwei Minuten, da hat eine Bekannte ein Angebot gemacht: Sie habe mal Sax gespielt, schreibt sie, bleibe aber lieber bei der Gitarre. "Wenn du willst, verkaufe ich es dir, es ist fast neu."
Bingo! Sie will 370 Euro, es ist fast neu, habe 450 Euro beim Neff gekostet, vor einem Jahr, also ist noch Garantie drauf. Na also. Neff ist auch den Leuten im Saxophonforum ein Begriff, die Marke Arnold's und Sons wiederum nicht (Chinakanne -- wieder kriegen sie sich in die Wolle). Mir ist es egal, ich habe nichts gegen China, zudem die Kollegin mein Studienmaterial mit abkauft, so lässt sich einiges verrechen. Es ist übrigens ein Altsax und es ist jetzt meines!
Nun kommt der spannende Moment, die erste Unterrichtsstunde. Der Lehrer knöpft sich das Sax vor, rümpft die Nase, ein anderes Mundstück müsse her, sagt er, dann ginge es. Ich habe den Eindruck, dass er am ersten Tag nicht gleich mit der ganzen Wahrheit rausrückt. Weitere 100 Euro sind weg, ich habe jetzt ein Selmer-Mundstück. Das geht ein halbes Jahr gut, wir kommen zu den hohen Tönen. Etwas stimmt nicht, aber das kann durch den Ansatz nachkorrigiert werden -- behauptet der Lehrer. Ich höre nicht einmal, dass etwas nicht stimmt, sage aber nichts, kaufe einen Tuner und sehe es auch. ARGGHHH! Ich brauche ein weiteres halbe Jahr, bis ich in der Lage bin, "nachzukorrigieren" und konzentriere mich auf die tiefen Töne.
Bald darauf, beim saxwelt-Treffen 2008 schaut prinzipal sich das Arnold's und Son an und zeigt, wo der Hase im Pfeffer liegt: die Tonkamine h, a und g sind nicht gleich hoch. Was kann ich tun, frage ich. Nichts.
Das ist frustrierend, aber gleichzeitig auch erhellend. Ich weiß jetzt, dass aus einem Sax ohnehin nicht der Ton herauskommt, den man greift. Wegen der tiefen Töne habe ich auch Probleme, ich treffe mich mit Klaus Dapper, er will es richten, pustet darauf und findet das Sax ganz passabel -- im Ganzen. "Es gibt halt bei jedem Sax so eine Stelle, wo man in der Intonation nachhelfen muss", meint er.
Gut, irgendwie wusste ich die ganze Zeit, dass es an mir liegt. Ich spiele andere "Chinakannen" an und stelle fest, sie sind auch nicht besser. Nur die Mundstücke machen einen Löwenanteil am Klang aus, scheinbar, das ist meine Erfahrung.
Doch zurück zu deiner Liste. Heute, nach drei Jahren passiv-Lesen und dumm Mitposten hier, weiß ich, wovon die Rede ist, wenn da steht "Applikatur" oder "Hoch-Fis" oder "Trillerklappe", "Wippen" und "gebördelte Tonlöcher." Gut, ich weiß, was es ist, aber nicht, wie es zu gewichten ist. Ich kann ein Sax anspielen, mit unverändertem Ansatz und heraushören, ob es Intonationsprobleme bereitet - besonders in den hohen Tönen, ich kann den Zustand der Polster beurteilen, weil ich verschiedene Saxe in der Hand gehalten habe. Auch spüre ich, welchen Anspruch ein Sax an Ansatz und Stütze stellt. Hier gibt es Saxe, die einen ausgesprochen anspruchsvollen Ton haben, aber den Anfänger nur frustrieren würden und es gibt leichtfüßige Kandidaten, die durchlässiger sind, bei denen der Ton aber charakterlos bleibt.
Ich glaube, der Weg des Saxophonisten ist ein langer und man nimmt auch mit dem falschen Sax kostbare Erfahrungen mit. Allerdings sollte es ein Sax ohne Zauberhandschuhe sein
Soweit so Erfahrungsbericht.
Schöne Grüße & einen schönen Sonntag,
wünscht wallenstein