Hallo zusammen,
das ist eine spannende Diskussion: Kunststoff versus Holzblätter!
Ich als Anfängerin komme mit einem Kunststoffblatt besser klar. Bei den Holzblättern hatte und habe ich ständig das Problem, dass sie "arbeiten", sich verziehen und wellen, so dass ich nie weiß, inwieweit sie für meinen Ton mitverantwortlich sind. Beim Kunststoffblatt weiß ich eines gewiss: das Blättchen ist immer dasselbe.
Viel zu synthetisch kam mir der Klang des Legere daher, das liegt aber für mein Laienverständnis daran, dass das Blatt keine Unregelmäßigkeiten aufweist, es ist ganz und gar aus einem Guss. Dieser
zu korrekte Sound hat mir nicht gefallen.
Gut gefallen haben mir die Fibracells, hier rätsele ich heute noch, ob man ein herkömmliches Blatt laminiert hat, oder ob der Innenkern ebenso aus Plastik ist. Ich fürchte -- zugunsten einer konstanten Reproduzierbarkeit, wird Letzteres der Fall sein. Möglich wäre aber vllt. auch ein inneres Holzimitat-Gussstück, das mit Folie verschweißt wurde. Wie auch immer, es klingt einfach verdammt nah dran. Nah am Holz, meine ich, und unterstelle, dass ihr keinen Unterschied zum herkömmlichen Blatt heraushören könnt (das wurde, wenn ich nicht irre, hier einmal getestet).
Allein, wenn man pingelig ist, kann man hören, dass es nicht so obertonreich schwingt, wie herkömmliche Holzblätter.
Vor zwei Wochen habe ich zu Testzwecken wieder ein Holzblatt eingespannt und war gleich wieder an seine Nachteile erinnert: nach der kleinsten Spielpause muss man es neu anfeuchten und es klebt an der Unterlippe. Dazu kommt, dass es sich wellt. Wellt es sich, hat man gleich im Hinterkopf, es müsse -- wellig wie es ist -- anders klingen. Dieser psychologische "Terror" fällt beim Kunststoff natürlich weg.
Dann wäre da noch die Verpackung: Man kann ein Holzblatt nicht einfach in den Saxkoffer pfeffern, irgendwie will man es wieder glatt bekommen und da ist viel mehr Fürsorge als beim Plastikblatt geboten.
Nicht zu unterschätzen ist die dauernde Sorge, mit dem Blatt "wo" anzuecken oder hängen zu bleiben. Kaum lege ich das Sax weg, überlege ich: hast du die Kapsel drüber? -- beim Kuststoffblatt mache ich mir gar keine Sorgen, auch nicht, vllt. am Strick meiner Strickjacke hängen zu bleiben.
Mir imponieren die mannigfaltigen Möglichkeiten, Plastik zu formen. Vielleicht denkt ihr bei Plastik an eine störungsfreie synthetische Oberfläche, aber da geht doch weit mehr: man kann kontrollierte Unregelmäßigkeiten formen und auch die Faserstruktur eines Holzblattes imitieren -- ohne jedoch seine Unzuverlässigkeit mit einzukaufen.
So klingt das Plastikblatt unter günstigen Voraussetzungen bald mehr nach Holz als Holz selbst -- wobei die Puristen sicher an dieser Stelle räsig werden: Nimmt man doch in ihren Augen das Einzige weg, das sie legitimiert, ein
Holzblasinstrument zu spielen!
Für mein Hörempfinden (von der Flöte kommend) ist das Sax viel eher ein Blechblas-, denn ein Holzblasinstrument, auch wenn der Klang mittels Holzblättchenschwingung erzeugt wird. Aber die Luft passiert auf ihrem Weg ins Freie doch arg viel Blech und ich muss beim Spielen sehr viel Luft durchschießen, mehr als bei der Flöte. Sonst wäre diese Lautstärke gar nicht machbar. So denke ich, hat das Sax am Ende eher die Durchschlagkraft einer Trompete. Wie auch immer, den warmen Klang einer Klarinette oder einer Holzflöte werde ich mit meinem Sax wohl kaum imitieren können, und falls doch, dann wohl eher mittels spielerischem Können, denn bloß dem Blattmaterial.
Interessant finde ich die verschiedenen Aufarbeitungsvarianten der Kunststoffblatthersteller: während das Legere ein bloßes Plastikstück ist, hat Fibracell außen das Laminat und innen den Kern, und die Fiberreeds Carbon Reeds werden wieder völlig anders hergestellt. Diese sind aber auch pro Blatt mehr als zehn Euro teurer als mein Fibracell (16.80 EURO bei thomann).
Zur Haltbarkeit kann ich leider nicht viel sagen, ich habe bis vor wenigen Monaten etwas länger als ein Jahr ein Fibracell gespielt, als sich das Laminat zu lösen begann, da es durch das Festziehen der Blattschraube verrutschte. Ich habe sofort ein neues Blatt gekauft, doch das alte ist immer noch, nun aber in Reserve, im Einsatz.
Wie gesagt, am wichtigsten ist für mich als Anfängerin, eine spielerische Konstante im Blatt zu haben und auch, nicht dauernd fürchten zu müssen, das Blatt wäre verschlissen, zu gewellt oder könnte bei der leisesten Berührung kaputt gehen.
Soweit so Stellungnahme
Schöne Grüße,
von wallenstein