saxkai5 schrieb:Ich glaube, so einfach ist es eben nicht. Spätestens an dieser Stelle können wir uns kein Urteil mehr erlauben. Außerdem hat sie sich sehr oft mit ihrer Band auf eine "einsame" Insel zurückgezogen, um dem Ganzen zu entziehen.
Deshalb habe ich "einfach" ja auch unter Hochkomma gestellt.
Unser Leben besteht aus einer Reihe von Zufällen und einer noch größeren Reihe von kleinen und großen Entscheidungen, die wir täglich treffen. Das bestimmt, wo wir uns im Leben aktuell befinden. Dabei ist die Entscheidung "Andere entscheiden lassen" natürlich ebenso gemeint.
Esse ich heute Schweinefleisch, fahre ich doch lieber mit dem Rad zur Arbeit, nehme ich eine Pille oder sage ich einfach mal "nein", wenn wieder jemand etwas von mir will, das ich nicht mag. Viele kleine Entscheidungen führen womöglich in eine Richtung, die ich nicht will und in der eine Umkehr zunehmend schwieriger wird. Aber trotzdem ist es eine bewusste, persönliche Entscheidung: Riskiere ich eine Millionenklage, wenn ich das Konzert absage und den Plattenvertrag hinschmeiße, werde ich dann arm und von allen verstoßen, ... oder gebe ich wieder nach, weil das kurzfristig die bequemere Lösung ist und betäube mich anschließend mit Drogen, weil ich die Konsequenzen nicht mag.
Ich muss aber hier und jetzt jede dieser Entscheidungen oder Nicht-Entscheidungen für mich und vor meinem Gewissen rechtfertigen. "Die Umstände" dafür verantwortlich zu machen ist eine feige Ausrede dafür, dass man mit den eigenen Entscheidungen und deren Konsequenzen im Nachhinein nicht zufrieden ist.
edosaxt schrieb in einem anderen Thema:Kein Mensch entscheidet sich willentlich zur Sucht, auch nicht mit der ersten Zigarette, dem ersten Bier.
Kein Mensch will Kiffen, Fixen, Saufen müssen.
Natürlich muß über Drogen aller Art weiter und umfangreich aufgeklärt werden, die beste Prophylaxe aber sind starke, geliebte Kinder.
Doch. Jeder Teenager, der zur ersten Zigarette greift, entscheidet sich bewusst FÜR den momentanen Kick - üblicherweise um bei den Kumpels gut da zu stehen - und ignoriert die Gefahren der Sucht. In unserer Gesellschaft kann niemand mehr sagen "ich habe ja nicht gewusst, dass das schädlich ist". Doch hat er. Geglaubt hat er's nicht, oder wollte es eben nicht glauben. Bewusste Entscheidung.
Eine liebevolle Familie und eine stabile, wohlwollende Umgebung verringern das Risiko für schädliche Entscheidungen erheblich, sind aber leider auch keine Garantie für ein glückliches Leben. Zumindest verringern sie die Anzahl der Situationen in denen sich ein heranwachsender Mensch für oder gegen eine schädliche Situation entscheiden muss. Wenn aber so eine Situation eintritt, entscheidet nur die Person selbst.
Klar, dass mit jeder Zigarette bzw mit jedem Glas Wein - so man entsprechend disponiert ist - steigt das Risiko und wenn der Körper physische oder psychische Entzugs Erscheinungen zeigt, wird es zunehmend schwieriger. Trotzdem ist es auch dann immer noch eine persönliche Entscheidung, dem nachzugeben oder den schwierigen Weg in die andere Richtung zu versuchen.
Ich habe keine Ahnung ob ich das könnte, aber ich weiß zumindest, dass ich diese Entscheidung selbst treffe. Mit allen Konsequenzen für mich und meine Umgebung.
edosaxt schrieb:Suchtkrankheit ist eine unheilbare, chronische Erkrankung, die zwangsläufig zum Tode führt!!!
Doch, das ist mir klar, aber normalerweise kommt keiner süchtig zur Welt und es besteht immer die Möglichkeit, durch eine oder mehrere freie Entscheidungen so weit ins Abseits zu kommen, das ein Rückweg nicht mehr möglich ist. Um süchtig zu werden, muss man eben einmal damit anfangen. Die Entscheidung dazu ist dumm, gedankenlos, was auch immer, aber es ist eine Entscheidung.
Entweder hat der Mensch einen freien Willen, dann hat er ihn immer und zu jeder Zeit und nicht nur, wenn es gerade nicht unbequem ist. Oder der Mensch hat keinen freien Willen, dann sind alle Versuche ohnehin zum Scheitern verurteilt. Diesen Fatalismus teile ich allerdings nicht.
Und genau darum plädiere ich dafür, dass die Menschen wieder mehr Verantwortung für ihr eigenes Leben übernehmen. Es ist völlig absurd, wenn auf einer Tüte Erdnüsse stehen muss, dass dieses Produkt "Spuren von Nüssen enthalten" kann, oder dass ein Warnhinweis, "keine lebenden Tiere in der Mikrowelle zu trocknen" am Gerät hängt (kenne ich aber nur vom Hörensagen). Es ist auch völlig absurd, dass jemand seine Freundin zerstückelt und dann auf "vorübergehend unzurechnungsfähig" plädiert, weil er zu dem Zeitpunkt ja besoffen war oder unter Drogen stand und keine Kontrolle über seine Entscheidung hatte.
Ok, das war jetzt ein wenig weit ausgeholt, aber es verdeutlicht was ich sagen will. Wir bringen uns selbst bewusst in Situationen, in denen en hohes Risiko besteht, uns und andere unglücklich zu machen und versuchen uns hinterher auf "die Umstände" herauszureden, wenn wir die Konsequenzen nicht tragen wollen.